Stretching und Dehnen: Übungen und Tipps

Warm-up und Stretching – für sportlich Aktive sind dies zentrale Elemente des individuellen Trainingsprogramms, egal ob vor dem Marathon, dem Fußballspiel oder der Kraftsportsession. Doch was versprechen sich engagierte Sportfans von Stretching? Die positiven Auswirkungen von Dehnübungen im Hinblick auf Leistung und Beweglichkeit werden in Fitnesskreisen seit Jahren heiß diskutiert. Um das Stretching effektiv zu gestalten und die gewünschte Wirkung tatsächlich zu erzielen, gilt es zudem, einige Regeln zu beachten.
Was genau ist Stretching?
Das englische Verb „to stretch“ übersetzt sich mit „dehnen“ oder „strecken“. Und das trifft auch schon im Kern, was mit Stretching gemeint ist, nämlich das Dehnen der Muskulatur. Das Mobilisieren des Körpers kann in Form von verschiedenen Varianten an Dehn- und Streckübungen oder zum Beispiel mithilfe von Yoga realisiert werden. Und auch wenn Stretching im ersten Moment ein Spannungsgefühl erzeugen mag, trägt es unterm Strich ausgesprochen wirkungsvoll zur Entspannung und Lockerung des Bewegungsapparats bei.

Wofür ist Dehnen gut?
Ein viel diskutierter Aspekt von Dehnübungen ist ihr Einsatz zur Vorbeugung von Sportverletzungen. Unter Hobbysporttreibenden ist die Überzeugung weitverbreitet, dass Stretching das Risiko von Muskelkater, Zerrungen und Bänderverletzungen mindert. Eine solch erfolgreiche Prävention konnte in Studien bislang jedoch noch nicht eindeutig belegt werden. Trotzdem existieren zahlreiche Anwendungsbereiche, aus denen das Stretching zu Recht nicht wegzudenken ist:
Mobilitätstraining: Richtiges Dehnen soll für eine Stärkung der Bänder sorgen, die Sehnen stimulieren und die Beweglichkeit der Gelenke verbessern.
Performance Boost: Dehnen kann die sportliche Leistung steigern. Eine geschmeidige Muskulatur verspricht einen großen Bewegungsradius und technisch saubere Ausführungen.
Therapeutische Dehnübungen: Eine therapeutisch bedingte Notwendigkeit von Dehnübungen kann beispielsweise aus einem medizinischen Eingriff oder einer überwiegend ungünstigen Körperhaltung im Alltag resultieren. Wenn natürliche Bewegungsabläufe durch fehlende Flexibilität eingeschränkt sind, hilft gezieltes Dehnen dabei, die Gelenkigkeit wiederherzustellen.
Wellnessaktivität: Stretching kann dazu beitragen, Verspannungen des Körpers zu lösen und Stress zu reduzieren. Das verbesserte Körpergefühl und die muskuläre Entspannung fördern das allgemeine Wohlbefinden.

Was passiert beim Stretching?
Kurz gesagt: Beim Stretching wird der Muskel einen Augenblick lang verlängert. Jeder Muskel besitzt zwei Muskelenden und diese haben beim Dehnen den maximalen Abstand voneinander. Doch wie muss man sich das konkret vorstellen?
Schauen wir uns zunächst den umgekehrten Fall an, nämlich den Muskel bei seiner täglichen Arbeit: Jeder Muskel in unserem Körper hat die Aufgabe, (im Zusammenspiel mit anderen Muskeln) eine bestimmte Bewegung auszuführen.
So führt beispielsweise die Aktivierung des vorderen Oberschenkelmuskels (Quadrizeps) zu einer Streckung des Beins im Kniegelenk. Nur so können wir aufrecht stehen oder auch springen. Um diese Bewegung zu initiieren, wird der Muskel kontrahiert, das heißt, er zieht sich zusammen.
Und beim Stretching? Beim Dehnen jenes Oberschenkelmuskels versucht man genau das Gegenteil zu erreichen, also ein Auseinanderziehen des Muskels, und führt dafür dementsprechend eine entgegengesetzte Bewegung aus. In unserem Fall ist die adäquate Dehnübung eine starke Beugung des Beines im Kniegelenk. Dafür kann im einbeinigen Stand ein Fuß mit der Hand zum Gesäß herangezogen werden – eine Übung, die vielen Sportbegeisterten bekannt vorkommen dürfte.

Damit ist auch klar, warum Dehnübungen entspannen: Das Anspannen des Muskels sorgt für seine Aktivierung (hier: Stehen, Springen), während die Gegenbewegung für Dehnung und Entspannung sorgt.
Regelmäßiges Stretching setzt Reize, auf die sich die Muskeln einstellen. Das bedeutet zwar nicht, dass die Muskeln dauerhaft in die Länge wachsen, allerdings werden sie tendenziell flexibler und langfristig an einen weiteren Bewegungsradius gewöhnt.
Warum tut es weh beim Dehnen?
Keine Sorge, ein moderater Dehnungsschmerz ist vollkommen normal. Sobald man in die Dehnung geht, signalisiert der Körper durch einen leichten Schmerz, dass die Muskeln gestreckt werden. Gleichzeitig versucht der Muskel der Dehnung durch ein Zusammenziehen entgegenzuwirken. Man könnte dies als eine Art Schutzmechanismus bezeichnen, der die Funktion innehat, eine Überdehnung zu verhindern.
Wenn eine Stretchübung länger gehalten wird, nehmen Schmerz und Anspannung nach kurzer Zeit ab und weichen einem angenehmen Gefühl der Entspannung. Natürlich ist es wichtig, bei alledem die Grenzen des eigenen Körpers zu respektieren. Ein leichter Schmerz zu Beginn sollte bei normaler, ruhiger Atmung gut auszuhalten sein. „Mehr Schmerzen für mehr Effekt“ ist mit Sicherheit keine empfehlenswerte Herangehensweise.
Stretching-Methoden: statisches vs. dynamisches Dehnen
Dehnen ist nicht gleich Dehnen. Es gibt verschiedene Konzepte, Methoden und Routinen – angepasst an unterschiedliche Situationen und Ziele. Als Neuling und Hobbysportler*in ist es wichtig, sich mit der Unterscheidung zwischen statischem und dynamischem Dehnen vertraut zu machen.
Statisches Dehnen
Die Methode, die man sofort vor Augen hat, wenn man an klassisches Stretching denkt, heißt statisches Dehnen. Hierbei wird eine Position eingenommen, bei der ein bestimmter Muskel gezielt gestreckt wird. Diese Position wird über einen individuellen Zeitraum hinweg gehalten. Nach ca. 20 Sekunden tritt im Regelfall bereits ein entspanntes Gefühl der Dehnung ein.
Wichtig: Vor dem Training sollte auf statisches Dehnen verzichtet werden, da es die Muskelspannung verringert und sich folglich negativ auf die Leistung auswirken kann. Im Idealfall wird das statische Dehnen als eigenständige Session im aufgewärmten Zustand oder nach einem Ausdauertraining absolviert.
Dynamisches Dehnen
Beim dynamischen Dehnen wird der Fokus auf einen wiederholten Bewegungsrhythmus gelegt. Anders als beim statischen Dehnen verharrt man zu keinem Zeitpunkt in einer Position. Stattdessen wird gewippt, gefedert und geschwungen. In einer pendelnden Bewegung wird der Muskel dabei bis zu einem gewissen Punkt sanft gedehnt und die Spannung danach sofort wieder gelöst. Diese Stretching-Methode eignet sich fürs Warm-up vor dem Training von Kraft- und Ballsportarten.
Tipp: Die Dehnung am maximalen Punkt der Bewegung kann man schnell unterschätzen. Gerade im Aufwärmprogramm sollte das Stretching deshalb nicht zu intensiv durchgeführt werden.
6 effektive Stretching-Übungen
Sonnengruß
Für diese aus dem Yoga entlehnte Übung liegen Sie in Bauchlage auf einer
Seitliches Stretching
Begeben Sie sich für dieses statische Stretching in einen hüftbreiten Stand. Heben Sie Ihren rechten Arm locker angewinkelt über Ihren Kopf. Kippen Sie nun Ihren Oberkörper kontrolliert nach links, so weit es geht. Die rechte Seite des Torsos wird gedehnt. Halten Sie diese Position für 30 Sekunden und wiederholen Sie dann die Übung für die andere Seite.
Brust dehnen
Legen Sie für diese statische Übung die Hände im Stand hinter dem Körper zusammen. Heben Sie langsam die durchgestreckten Arme hinter dem Rücken hoch. Die Schultern bleiben hinten unten. Dehnen Sie so für 30 Sekunden den Brustmuskel.
Hamstring Rotation
Nehmen Sie für dieses dynamische Stretching einen breiten Stand ein. Jetzt beugen Sie sich vor und berühren mit der rechten Hand Ihre linke Fußspitze. Das linke Knie wird dabei gebeugt, das rechte Bein bleibt gestreckt. Direkt im Anschluss greift die linke Hand nach der rechten Fußspitze. Strecken Sie sich abwechselnd je 10-mal zu beiden Füßen.
Knie anziehen
In dieser dynamischen Übung stehen Sie auf einem Bein. Das Knie des anderen Beins wird mit beiden Armen vor die Brust gezogen. Bleiben Sie nicht in der Position, sondern wechseln Sie direkt das Standbein. Abwechselnd werden beide Knie je 10-mal zur Brust gezogen.
Rumpfdrehung
Nehmen Sie für dieses Rumpfstretching einen hüftbreiten Stand ein. Die Ellbogen winkeln Sie locker neben dem Körper an. Drehen Sie den Oberkörper, so weit es geht, abwechselnd zu beiden Seiten 10-mal ein. Hüfte und Stand bleiben während der Rotation stabil.
Richtig dehnen – worauf man noch achten sollte
Bevor es mit dem Stretching losgeht, folgen hier noch ein paar Basic-Tipps und Hinweise, die dabei helfen, die Übungen effektiv, sicher und angenehm zu gestalten:
Dehnen, Dehnen, Dehnen: Sie wollen sofort loslegen, mit „echtem“ Sport und nicht im Zeitlupentempo starten. Verständlich, aber Dehnen gehört dazu und das hat nichts mit Aufschieben oder Schonung zu tun. Regelmäßige Stretch-Übungen vor dem Sport sollten auf keinen Fall vernachlässigt werden – idealerweise wird jeden Tag bzw. jedes Mal vor dem Sport gedehnt.
Atmung: Die verschiedenen Haltungen und Bewegungen sollten beim Stretching kontrolliert durchgeführt werden. Achten Sie darauf, stets eine gleichmäßige Atmung beizubehalten.
Sportbekleidung: Stretching in Jeanshosen ist wenig zielführend. Die passende Sportbekleidung ist dehnbar, schränkt die Bewegungen nicht ein und liefert ein geschmeidiges Trainingsgefühl.
Rutschfester Untergrund: Um die Übungen sicher und ohne Verletzungsgefahr ausführen zu können, sollte der Boden auf keinen Fall zu rutschig sein. Die Verwendung einer Yoga- oder Gymnastikmatte bietet sich in jedem Fall an.
Verletzungspause: Bei bestehenden Verletzungen oder Muskelkater sollte auf die Dehnung der strapazierten Muskeln verzichtet werden. Gönnen Sie Ihrem Körper unbedingt die Ruhe, die er zur Regeneration braucht.
Alternativen: Abwechslung lohnt sich! Als Alternativen zum klassischen Stretching bieten sich fortgeschrittene Techniken, Yogakurse oder das Training mit einer
an.Faszienrolle
Häufig gestellte Fragen zu Stretching
Wobei hilft Stretching?
Sporttreibende nutzen Dehnübungen, um einem Verkürzen der beanspruchten Muskulatur entgegenzuwirken und saubere Bewegungsabläufe zu erreichen. Stretching kann aber auch grundsätzlich dabei helfen, ein gesundes Körpergefühl zu entwickeln, Stress abzubauen und Schmerzen zu lindern.
Ist es gut, sich jeden Tag zu dehnen?
Für einen spürbaren Effekt und langfristige Beweglichkeit der Gelenke ist die regelmäßige Ausführung von Stretching-Übungen entscheidend. Wenn möglich, sollten Sie versuchen, Ihren Körper täglich zu dehnen.
Darf man bei Muskelkater dehnen?
Bei akutem Muskelkater sollte man Vorsicht walten lassen. Durch die Vorbelastung des Muskels erhöht sich das Risiko einer Zerrung oder sogar eines Muskelfaserrisses. Besonders von statischem Dehnen wird in Verbindung mit Muskelkater abgeraten.